Vergaberecht: Neue EU-Schwellenwerte

Seit dem 1.1.24 gilt eine neue Obergrenze für nationale Beschaffungen. Werden diese überschritten, ist europaweit auszuschreiben. Was ist zu beachten?

Das Vergaberecht unterscheidet zwischen „nationalen“ und „europaweiten“ Vergaben. 

Nach den Regeln des 4. Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sind  Aufträge der öffentlichen Hand, deren geschätzte Nettoauftragssumme die EU-weit geltenden Schwellenwerte erreichen oder überschreiten (§ 106 GWB) nach den Vorgaben der EU einem Wettbewerb zu unterstellen, insbesondere EU-weit bekannt zu geben.

Das Vergaberecht spricht dann von so genannten oberschwelligen - im Gegensatz zu den nationalen „unterschwelligen“ Beschaffungen. 

Die maßgebenden Schwellenwerte werden alle zwei Jahre nach den Regeln des Übereinkommens der Welthandelsorganisation über das öffentliche Beschaffungswesen (Agreement on Government Procurement, GPA) neu festgesetzt. Ziel der Neufestsetzung ist der Ausgleich von Wechselkursschwankungen, die zwischen den Unterzeichnern bestehen und sich möglicherweise auf das Ausmaß der Öffnung der öffentlichen Beschaffungsmärkte dieser Staaten für den Wettbewerb von Unternehmen in anderen Unterzeichnerstaaten auswirken.1 

Danach gelten vom 1. 1. 2024 bis 31.12.2025 folgende Schwellenwerte:

 

1.1.2024 bis   

31.12.2025 

Alt (bis 31.12.2023) 

1. Vergaben nach der Klassischen Vergaberichtlinie (RL 2014/24/EU 

 

 

Bauleistungen  

5.538.000 € 

5.382.000 € 

Liefer- und Dienstleistungen (obere und oberste Bundesbehörden) 

143.000 € 

140.000 € 

Liefer- und Dienstleistungen (alle übrigen öffentlichen Auftraggeber) 

221.000 € 

215.000 € 

2. Vergaben nach der Sektorenrichtlinie und der Richtlinie Verteidigung und Sicherheit (RL 2014/25/EU und 2009/81/EG)   

 

 

Bauleistungen   

5.538.000 € 

5.382.000 € 

Liefer- und Dienstleistungsaufträge    

443.000 € 

431.000 € 

3. Vergabe von Konzessionen (RL 2014/23/EU) 

5.538.000 € 

5.382.000 € 

Der Schwellenwert richtet sich allerdings nicht nach der „aktuellen“ Beschaffung, sondern nach der Jahressumme bzw. der Summe für die Laufzeit eines Vertrags gleichartiger Leistungen (§ 3 Abs. 8, 10 Vergabeverordnung - VgV)2. Der Schätzung dieses Auftragswerkes auf der Grundlage des Leistungsverzeichnisses geht in aller Regel eine Markterkundung (§ 20 UVgO, § 28 VgV) mit einer unverbindlichen Preisfrage bei mindestens drei bis vier Unternehmen voraus. Jede Position des Leistungsverzeichnisses muss mit einem Schätzpreis dokumentierten  Preis versehen werden können.

Bei geringeren Werten ist allerdings auch ein Vergleich von Katalogpreisen oder eine Internetrecherche ausreichend.  Besondere Regeln gelten für Baumaßnahmen und Planungsleistungen. 

Die so ermittelnden Werte haben allerdings noch eine Bedeutung z. B. bei der Frage des „angemessenen“ Preises oder der innerbehördlichen Zuständigkeit (Bürgermeister, Gemeinderat). Ein Vergabeverfahren, dass kein „wirtschaftliches Ergebnis“ erzielt hat, kann z. B. nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) aufgehoben werden. 

In der Praxis ist bei einer Abweichung zwischen 10 % und 20 % des dokumentierten und nachvollziehbaren Schätzwertes und dem wirtschaftlichsten Angebot die Möglichkeit bzw. haushaltsrechtliche Pflicht zur Aufhebung der Ausschreibung wegen „Unwirtschaftlichkeit“ veranlasst. Anderseits stellt sich die Frage des ungewöhnlich niedrigen Angebotes mit der Pflicht zur Preisaufklärung und ggf. einem Ausschluss eines  “ungewöhnlich niedrigen“ Angebotes wenn trotz ausreichender Nachfrage bei Unternehmern (Interessensabfragen) nur ein Angebot einging, dass um mehr als 10 % von der Schätzung abweicht,.

Hans Schaller, Dipl.- Verwaltungswirt und Experte für Vergaberecht

 

 

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